Wäre er nicht bereits 1998 viel zu früh mit 43 Jahren verstorben, hätte der Liedpoet Gerhard „Gundi“ Gundermann am 21. Februar 2025 seinen siebzigsten Geburtstag gefeiert. Grund genug, dass ihn seine Heimatstadt Hoyerswerda, genauer gesagt die Kulturfabrik, vom 20. bis 23. Februar gleich mit einem viertägigen Festwochenende ehrte. Unterstützt wurde dieses vom Verein Gundermanns Seilschaft. Alle Veranstaltungen waren restlos ausverkauft, Gäste reisten aus ganz Deutschland an.
Text: Reinhard „Pfeffi“ Ständer
Den Auftakt bildete am Donnerstag eine Talkrunde unter dem Titel „Grit mit …“, in der Grit Lemke – landesweit bekannt durch ihr Buch Kinder von Hoy und ihren Dokumentarfilm Gundermann Revier – vier Mitglieder der Brigade Feuerstein, Gundis Liedtheater aus DDR-Zeiten, befragte. Conny Gundermann und Elke Förster berichteten von den Anfängen, als Gundi noch in der zweiten Reihe des einstigen Singeklubs stand und erst später zum Frontmann wurde. Es gab Anekdoten über die „Westreisen“ der Feuersteine, und Maik Pillokat sprach über gemeinsame Proben mit Gundi nach 1990 bei Rio Reiser in Fresenhagen. Eine kurzweilige Runde mit viel Wissenswertem, selbst für Insider.

Talkrunde am Donnerstag mit (v. l.) Grit Lemke, Conny Gundermann, Elke Förster, Rainer Westphal, Maik Pillokat
Foto: Gernot Menzel
Am Freitag feierte der Bürgerchor Hoyerswerda sein zehnjähriges Bestehen. Seinem Leiter André Bischof – der auch verdient gewürdigt wurde – ist es zu verdanken, dass der Chor zu einer festen Größe bis weit über die Grenzen der Stadt gereift ist. Die rund fünfzig Chormitglieder widmen sich vor allem der Musik Gundermanns, im Programm „Männer, Frauen und Raketen“ nahm man zusätzlich das Thema „Krieg und Frieden“ in den Fokus. Höhepunkt und Gänsehautmoment dabei Gundis Version des John-Lennon-Klassikers „Imagine“.
In einem Café-Konzert stellten sich am Samstagnachmittag alte Bekannte vor. Zu Gast war der Liedermacher Paul Bartsch mit seinen Musikern Sander Lueken und Thomas Fahnert und ihren klugen, nachdenklichen Liedern, die so richtig auch zum Thema Gundermann passen.
Der Höhepunkt am Abend sollte die mit viel Spannung erwartete Gundi-Party werden – und das Publikum wurde nicht enttäuscht. Im ersten Teil stellte Regisseurin Grit Lemke in einer Neuinszenierung Spaceshuttle – Liebestraum im Weltenraum vor, ein Gundermann-Stück aus dem Jahr 1981, in dem Mitglieder der Brigade Feuerstein, der Liedgefährten und der Kulturfabrik-Theatergruppe auftraten. Bereits die Frage „Sollten wir die russische und die US-Nationalhymne spielen wie vor über vierzig Jahren?“ wies auf die heutige Brisanz des Themas hin. Das sowjetische Raumschiff Katjuscha und das amerikanische mit Namen Killer King, also Kosmonauten und Astronauten, sollen sich im All bekämpfen. Am Ende erkennen beide, dass es nur gemeinsame Lösungen geben kann, um unseren Planeten vor Krieg und Klimakatastrophe zu bewahren. Ein Stück, welches Gundermanns Weitsicht unter Beweis stellt. Besonders hervorzuheben ist die Brecht-Szene von Mackie Messer, gespielt von Conny Gundermann und Elke Förster, die Band um Andreas Bunkenburg (Gitarre) und Bernard P. Bielmann (Akkordeon) sowie der wunderbare Gesang von Carmen Orlet in „Es waren mal zwei Computer“.
Als Bonusprogramm sangen die Liedgefährten dann einige beliebte Gundermann-Songs, interessant dabei eine rhythmisch-rockige Version des ansonsten melancholischen „Keine Zeit mehr“.
Nach einer Umbaupause betraten im zweiten Teil Shanty Peter & die Badweihermatrosengewerkschaftskapelle aus dem Schwarzwald die Bühne. Die fünf in ihrer Heimat relativ wenig bekannten Musiker sind mit dem Hoyerswerdaer Bürgerchor befreundet, da der Sohn des Chorleiters André Bischof Bandmitglied bei Shanty Peter ist. Zum gespielten Repertoire gehörten deftige Shantys und britisch-irische Arbeiterlieder, teilweise a cappella im Publikum gesungen oder kraftvoll auf der Bühne dargeboten mit Akkordeon, Teufelsgeige, Cajon, Flöten und Kontrabass. Dazu zahlreiche Gundermann-Lieder auf Deutsch und teilweise auf Italienisch – denn Andrea, der Sänger der Band, kommt aus Italien. Sein Vater war selbst Bergarbeiter wie Gundi. Seine Interpretationen von „Vater“ und „Hier bin ich geborn“ begeisterten das Publikum besonders. Shanty Peter spielten bis tief in die Nacht.

Wiederaufführung von Gerhard Gundermanns Rockmärchen Die Geschichte von der kleinen Malwina
Foto: Gernot Menzel
Der Wahlsonntag-Nachmittag stand im Zeichen der Geschichte von der kleinen Malwina, des wohl erfolgreichsten Rockmärchens oder Familienmusicals aus der Feder Gerhard Gundermanns. Im Stück wird die kleine Malwina von der bösen Hexe Alfazalfa verzaubert und später von Tom Dideldei und Tränchen Traurig – damals von Gundi gespielt – befreit. Die Liedtexte schrieb Gundermann auf Titel der Beatles, Cat Stevens’ und anderer Größen. Elke Förster inszenierte das Märchen neu, die überzeugenden Darstellenden und Musizierenden kamen von der Musikschule Bischof, aber auch Rainer Westphal, der vor über vierzig Jahren schon dabei gewesen war, spielte mit. Es gab reichlich Beifall vom Publikum. Erwähnenswert ist auch, dass die Inszenierung durch ein vom Verein Gundermanns Seilschaft initiiertes Crowdfunding zustande kam.
Insgesamt war es ein großartiges Wochenende, auf das Gerhard Gundermann vermutlich stolz gewesen wäre.
Wunderbar, dass wir dabei sein durften und wieder einmal erlebt haben, wie lebendig und wichtig Gundi und sein Werk noch heute sind! Ein Dank an alle, die dieses mehrtägige Ereignis so großartig gestemmt haben!
Paul Bartsch, Sander Lueken und Thomas Fahnert aus Halle (Saale)